Berliner Schulen meldeten im Durchschnitt 1,8 Gewaltvorfälle im Schuljahr 2006/2007 Bildungssenator Zöllner: „Jeder Vorfall ist einer zuviel.“ Die Senatsverwaltung für Bildung, Wissenschaft und Forschung teilt mit

Im Schuljahr 2006/2007 wurden 1735 Gewaltvorfälle aus den öffentlichen allgemein bildenden Schulen, beruflichen Schulen sowie aus Schulen des zweiten Bildungswegs gemeldet. Den 1735 Meldungen im Schuljahr 2006/2007 stehen 1573 Meldungen im Vorjahr gegenüber. Prozentual bedeutet dies eine Zunahme an Meldungen um 10%. Damit konnte die Serie der hohen Zuwachsraten ( zwischen 33 % und 76 % ) der Vorjahre erstmals unterbrochen werden. Will man den Grad der Belastung der Berliner Schulen mit Gewaltvorfällen bewerten, so ist es notwendig, die Meldungen in Relation zu der Anzahl der Schulen zu setzen, auf die sich diese Zahl der Gewaltmeldungen bezieht. Bei insgesamt 938 Schulen meldete damit jede Berliner Schule im statistischen Durchschnitt 1,8 Vorfälle, die sich in Schulen, auf Schulwegen oder seltener auch bei Ausflügen ereignet haben.

Bildungssenator Prof. Dr. E. Jürgen Zöllner: „Die Zunahme der Meldungen ist in diesem Schuljahr deutlich zurückgegangen. Jeder dieser Vorfälle ist aber einer zu viel und gefährdet das Selbstverständnis der Schulen, zu dem es gehört, die physische und psychische Sicherheit für alle in einer Schulgemeinschaft zu gewährleisten. Im gesamten letzten Jahr hat sich gezeigt, dass Schulleitungen, Pädagoginnen und Pädagogen mehr Offenheit im Umgang mit Gewalttaten in den Schulen und deren Umfeld zeigen. Das ist eine gute Nachricht. Die Diskrepanz zwischen den Erfahrungen der Polizei und unseren Erkenntnissen über Gewaltvorfälle haben wir zum Anlass genommen, erneut nachdrücklich an die Meldepflicht zu appellieren. Der Leitsatz ist allerdings nicht „Hinsehen und Melden“, sondern „Hinsehen und Handeln.“ Deshalb ist es wichtig, dass alle gemeldeten Gewaltvorfälle in den Schulen sowohl mit schulinternen als auch externen Experten aufgearbeitet werden. Das Land hat ein breites Unterstützungsangebot für die Schulen aufgebaut, das Zug um Zug weiter ausgebaut wird.“

Seit dem Jahr 1992 sind die Berliner Schulen verpflichtet, jeden Gewaltvorfall zu melden: von Beleidigung und Mobbing bis hin zu Raub und Körperverletzung. Die Bildungsverwaltung wertet die Gewaltmeldungen der Schulen aus. Die Zahlen spiegeln somit das Meldeverhalten der Schulen wider und lassen nur bedingt Rückschlüsse auf die tatsächliche Gewaltentwicklung an Schulen zu.

Die Meldungen der Schulen 2006/07 verdeutlichen folgende Auffälligkeiten:

Es gibt eine Zunahme der gemeldeten Vorfälle um insgesamt 10%. Mit dieser Zunahme konnte erstmals die Serie der außergewöhnlich hohen Zuwachsraten der Vorjahre von +66% im Schuljahr 2002/2003, +33% im Schuljahr 2003/2004, +60% im Schuljahr 2004/2005 und +76% im Schuljahr 2005/2006 unterbrochen werden. Angriffe auf Lehrerinnen und Lehrer - selten auf andere Mitarbeiter der Schulen - wurden in 442 Gewaltmeldungen ( Vorjahr: 374 ) beschrieben. Dies entspricht einer Zunahme um 18%. Die Zusammenarbeit mit Eltern konnte im letzten Jahr deutlich verbessert werden und beträgt jetzt 65%. Im Vorjahr wurden die Eltern dagegen nur in 32% aller Vorfälle einbezogen. Die Kooperation der Schulen mit „internen Experten“, also z. B. Konfliktlotsen, Sozialpädagogen/innen, hat um fünf Prozentpunkte zugenommen (von 15% auf 20%). Damit werden in einem Fünftel der Fälle interne Spezialisten in die Aufarbeitung einbezogen. Mehr als 8% aller Fälle werden mit Mediationen durch Schüler oder Erwachsene aufgearbeitet.

Maßnahmen zur Gewaltprävention in Schulen:

Im Schuljahr 2007/2008 werden die Konzepte zur Gewaltprävention fortgeführt, die sich bewährt haben, dies gilt insbesondere auch für die im Schuljahr 2006/2007 eingeführten Programme für Grundschulen „Faustlos“ und „Buddy“. Beides sind Programme zum sozialen Lernen: An 60 ausgewählten Grundschulen werden Fortbildungen im FAUSTLOS-Programm (Prof. Cierpka, Universität Heidelberg) durchgeführt: Lehrkräfte werden zu Multiplikatoren und Multiplikatorinnen des Programms ausgebildet.

Zunächst in den 5. und 6. Klassen aller Grundschulen Berlins startete das Präventionskonzept "Buddy", zur Vorbeugung von Gewalt und Sucht. Das Buddy-Projekt wird gesponsert von der Vodafone-Stiftung. Ziel ist es, das respektvolle und soziale Miteinander der Schüler und Schülerinnen in der Gruppe zu stärken und sie zu unterstützen, altersangemessen Verantwortung für sich und andere zu übernehmen. Inzwischen beteiligen sich mehr als 90 Prozent aller Grundschulen daran. Aktuell werden mehr als 300 Buddy-Projekte in Berliner Schulen realisiert, z. B. Pausen-Buddys, Hausaufgaben-Buddys und Lese-Buddys.Damit die Schulen Gefährdungen früh erkennen und ihnen angemessen begegnen können, bieten die Schulpsychologinnen und Schulpsychologen für Gewaltprävention und Krisenintervention (G/K) auch im kommenden Jahr in ihrer Region Fortbildungen zur Gewaltprävention und zum Handeln nach Gewaltvorfällen und den Notfallplänen für die Berliner Schulen an. Dabei gilt der Zusammenarbeit mit externen Helfern, insbesondere mit dem Jugendamt, bei Gefährdungen des Kindeswohls besondere Aufmerksamkeit.

Beratungen für Schulen an, die einen Kooperationsvertrag mit der Polizei planen. Es ist angestrebt die Anzahl der Kooperationsvereinbarungen von jetzt 131 weiter zu erhöhen, um damit jeder Form der Sicherheitsgefährdung im Vorfeld offensiv zu begegnen. Vermittlungen von Jugendlichen, bei denen sich die Gefahr einer delinquenten Karriere andeutet, in geeigneten Fällen an das Projekt „Denkzeit“. Eine solche Vermittlung ist in den Fällen möglich, in denen auch die Eltern zu einer Zusammenarbeit mit „Denkzeit“ bereit sind. Neu ist, dass das im letzten Schuljahr bereits gute eingeführte und erfolgreiche Projekt „Denkzeit“ für delinquenzgefährdete Jugendliche im Schuljahr 2007/2008 deutlich erweitert wird. Dies geschieht, indem in den Schulen selbst besser auf die Arbeit mit delinquenten und gewaltbereiten Schülern vorbereitet werden.

Im Schuljahr 2007/2008 unterstützt die Bildungsverwaltung die „Schulstudie“ des Leaking Projektes der Freien Universität Berlin. Ziel dieses Projektes ist es, mögliche Fälle von schwerer, zielgerichteter Gewalt im Vorfeld zu verhindern. Hierzu sollen an etwa 25 ausgewählten Berliner Schulen nach vorherigen Informationsveranstaltungen zum Leaking-Phänomen (schriftliche oder mündliche Ankündigungen evtl. auch in Zeichnungen) über einen Zeitraum von 9 Monaten Leaking-Fälle erfasst und analysiert werden.

Vor drei Jahren starteten rund 50 Projekte der Jugendsozialarbeit an allen Hauptschulen und vor einem Jahr an 58 Schulen mit sonderpädagogischem Schwerpunkt. Die Ausdehnung von Sozialarbeitsprojekten auf weitere Schulen ist im Doppelhaushalt 2008/2009 sichergestellt. Weitere Informationen: http://www.berlin.de/sen/bildung/hilfe_und_praevention/gewaltpraevention/  or/pw



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